Beim Radio gibt es Spots, die von weiblich oder männlich klingenden SprecherInnen eingesprochen werden. Jedoch macht man sich selten über den Umstand Gedanken, in dessen Rahmen die Stimme für den Spot ausgewählt wurde. Oft werden nämlich bewusst Akzente, mit Hilfe von den geschlechtsspezifischen Reizen der Stimme, gesetzt.
Der Unterschied in der Stimme
Frauen und Männer haben deutlich unterschiedliche Stimmhöhen. Andere Lebewesen unterscheiden sich unter anderem auch vom anderen Geschlecht, in Form einer anderen Stimmhöhe, jedoch ist der Tonhöhenunterschied beim Menschen am Gravierendsten.
Weshalb dies so ist, weiß man nicht genau, evolutionär macht das jedenfalls wenig Sinn. Immerhin ist der Mensch schon seit Generationen nicht mehr vom Selektionsdrucks betroffen. Wir wissen aber, dass sowohl physiologische als auch psychologische Gegebenheiten Einfluss auf den Klang unserer Stimme haben.
Physiologische Gründe
Noch im Kindesalter haben Jungen und Mädchen ziemlich identische Stimmhöhen. Durch das Sexualhormon Testosteron, welches bei den Jungen in der Pubertät zunimmt, wächst der Kehlkopf stärker an als bei Mädchen.
Was zur Folge hat, dass die Stimmlippen der Männer bis zu einem Drittel länger sind als die der Frauen, dies zeichnet sich deutlich in der Stimmhöhe ab.
Nicht nur die biologische Komponente hat Auswirkungen auf die Stimme
Durch die Spiegelneuronen im menschlichen Gehirn haben wir den unbewussten Mechanismus, dass wir unser Gegenüber imitieren, umso authentischer sich dieses verhält.
Benanntes Verhalten ist von den Sprachwissenschaftlern Walter Sendlmeier und Iris Wittlinger bei Kindern getestet worden. Als Beispiel nennen die Forscher 2 Kleinkinder, welche beim Spielen mit dem Vater eine andere Stimmhöhe verwendeten als beim Spielen mit der Mutter.
Die Frauenstimme im Trend der letzten Jahre
Der gegenwärtige soziale Einfluss bewirkt eine Veränderung der Stimmlage bei der Frau, im Verlauf der Jahre ist diese nämlich immer tiefer geworden. Diese Entwicklung ist vermutlich auf der Veränderung des Rollenbildes der Frau zurückzuführen.
Eigenschaften wie beispielsweise Verantwortung am Arbeitsplatz, werden mit einer tieferen Stimme assoziiert. Frauen sind sich über diesen Umstand unterbewusst im Klaren und passen ihre Stimmlage dementsprechend an.
Die Auswirkungen der Gesellschaft
Jeglicher soziale Einfluss hat ebenso Auswirkungen auf unsere Stimmhöhe, deshalb verwenden japanische Frauen im Schnitt höhere Tonlagen als schwedische. In Japan werden Frauen in den Medien ganz anders als in westlichen Ländern präsentiert.
Kawaii (süß oder niedlich) ist hier das Schönheitsideal und wird durch Vorbilder des öffentlichen Lebens vorgelebt.
Festzuhalten ist jedenfalls, dass in unserer Gesellschaft Sachlichkeit mit einer tiefen Männerstimme verbunden wird, Emotionalität hingegen mit einer Frauenstimme.
Doch was bedeutet dies nun für die Werbung?
Nach Kloss und Esch gibt es 4 Werbe- bzw. Beeinflussungsziele, welche in der Werbung umgesetzt werden können:
- Information
- Emotion
- Emotion und Information und
- Aktualisierung und Bekanntheit,
welche im Folgenden genauer erläutert werden sollen.
Ziel 1: Die Information: Sie ist empfehlenswert, wenn die AdressatInnen bereits ein Bedürfnis besitzen. Ein Bedürfnis wird auf der emotionalen Ebene hergestellt, wenn dieses aber bereits besteht, sollten die HörerInnen nur mit wichtigen Informationen versorgt werden.
Ziel 2: Die Emotion: Wenn die HörerInnen bereits mit Informationen versorgt sind und das Produkt auf der rationalen Ebene kaum von Konkurrenzprodukten zu unterscheiden ist, ist es besser das Produkt auf der emotionalen Ebene zu bewerben.
Ziel 3: Die Emotion und Information: Sind die Emotionen und Informationen trivial, sollte ein Angebot zunächst mit Hilfe von Emotionen versuchen ein Bedürfnis zu erzeugen, von dem die HörerInnen noch nichts wissen. Dieses sollte dann mit Hinweisinformationen zur Bedürfnisbefriedigung abgerundet werden.
Ziel 4: Aktualität, Bekanntheit: Gibt es am Markt viele gleichartige Produkte, welche alle das gleiche Bedürfnis befriedigen, sollte nur für die ausreichende Bekanntheit des Produktes gesorgt werden.
Nun stellt sich die Frage, welches der Ziele mit welcher Stimme am besten vermittelt werden kann. In Anlehnung an die Wirkung der geschlechterspezifischen Stimmhöhen ist zu sagen, dass: Ziel 1 am besten mit einer tiefen Männerstimme vermittelt werden sollte. Die Informationsübermittlung ist ein sachlicher Prozess, welcher gut durch die tiefe Männerstimme wahrgenommen wird.
Ziel 2 am besten mit einer wohlklingenden Frauenstimme vermittelt werden sollte. Um ein Bedürfnis entstehen zu lassen, bedarf es einer Form der Emotionalität, welche am besten durch eine Frauenstimme übertragen werden kann.
Ziel 3 am besten mit einer Kombination aus Frauen- und Männerstimme vermittelt werden sollte. Da Ziel 3 eine Kombination zwischen Ziel 1 und 2 darstellt, sollten hier männliche und weibliche Stimmen gleichermaßen vorkommen.
Sich bei Ziel 4 beide Stimmen zur Bekanntheitserweiterung gleichermaßen gut eignen. Man hat also die Qual der Wahl.